Werbung für Gott


 Predigt über Jes 55,1-5: Werbung für Gott


Auf, alle die ihr heute hier seid! Aufgepasst und aufgemerkt! Öffnet eure Ohren, spitzt eure Lauscher! Schaut mich an und hört mir zu! Es geht um alles! Es geht um ein Angebot, das ihr nicht ablehnen könnt! Aufgepasst und aufgemerkt! Tretet näher! Bloß nicht schüchtern, keine falsche Bescheidenheit! Nur bei mir bekommt ihr, was ihr euch wirklich wünscht!
Glaubt mir! Vertraut mir! Mein Angebot ist unschlagbar! Es ist besser als alles, was ihr je zuvor erlebt habt. Es übertrifft alle eure kühnsten Träume. Aufgepasst und aufgemerkt! Kommt und hört! Kommt und schaut! Kommt und staunt! Jetzt und heute, hier in diesem Moment:
Ich habe Gott im Angebot! Ich mache Werbung für Gott!

Gut, der enthusiastische Applaus bleibt aus. Schade, ich dachte sie wären etwas begeisterter. Aber gut, ich gebe zu, ich habe schon bessere Werbereden gehört, bessere Werbung mit mehr Kreativität und mehr Überraschungsmoment. Ich mache Werbung für Gott… Das ist vielleicht auch wirklich etwas zu plump gesagt, Hannah. Das solltest du nochmal besser machen. Wobei, das mit dem Angebot, das Sie nicht ablehnen können, das war doch schon gar nicht schlecht oder? So auf Filme anspielen, das kommt eigentlich immer gut. Und Träume erfüllen? Wie war das so? Träume sind doch auch immer gut in der Werbung. So Sehnsüchte ansprechen?
Na gut, ich merke, sie sind immer noch nicht wirklich überzeugt. Also nochmal anders, nochmal besser. Vielleicht weg vom Marktschreier-Stil, weg vom Brüllen. Das ist sowieso nicht so gut für die Stimmbänder. Vielleicht braucht es eher etwas zum Sehen, etwas Visuelles. Größer Denken, Hannah, es geht schließlich um Werbung für Gott. Ohja, wie wäre es damit: ein Werbefilm im Kino? So zwischen Eiswerbung und Filmvorschau?
Also los, aufgepasst und aufgemerkt, neuer Versuch:

Der Vorhang geht auf. Große Leinwand, Geraschel von Popcorn-Tüten, leises Geflüster und Getuschel. Die Werbung geht los: neuer Spot.
Blick auf Strand und Meer; blauer Himmel, strahlender Sonnenschein; leises Vogelzwitschern; ein kleiner Vogel sitzt auf einer Palme und guckt in die Ferne. Er zwitschert fröhlich vor sich hin. Und dann: schlagartige Stille. Der Vogel guckt entsetzt Richtung Horizont. Der Himmel verdüstert sich, von jetzt auf gleich; Weltuntergangsstimmung. Es beginnt zu regnen, es regnet in Strömen, der arme Vogel wird klatschnass und kann sich kaum noch auf seiner Palme halten. Und dann sieht er auf dem Meer ein Schiff. Mit letzter Kraft kämpft er sich zum Schiff durch die Wassermassen, die vom Himmel auf sein Federkleid herabregnen. Völlig abgekämpft lässt er sich auf das hölzerne Deck nieder. Er seufzt erleichtert und schaut hoch zu einem Mann, der ihn freundlich und warmherzig anlächelt. Und dann der Slogan quer über der Leinwand: Gott. Vertrauen seit der Sintflut.

Ja doch, das ist doch schon besser; irgendwie angemessener und wesentlich kreativer als das Marktgeschrei. Und im Kino müssen ja auch alle hingucken und Filme sprechen Emotionen an. So ein kleiner leidender Vogel, das geht doch direkt ins Herz. Oder, was meinen sie? Würden sie der Werbung glauben? Ein bisschen stolz bin ich ja schon auf den Slogan: Gott. Vertrauen seit der Sintflut.
Wobei man dann natürlich die ganze Anspielung auf die Noah Geschichte auch verstehen muss. Sintflut: ist das überhaupt ein Wort, das noch verstanden wird? Und so eine Arche erkennt doch auch niemand mehr, wenn bei Umfragen herauskommt, dass die Menschen glauben, dass Jesus an Ostern Geburtstag feiert. Woher sollen sie dann die Verbindung zur Geschichte von der Arche ziehen? Und vor allem, woher sollen sie wissen, wie die Geschichte ausgeht? Wenn die nicht wissen, dass am Ende die Flut vorbei ist, glauben die ja, der Vogel muss am Ende auf dem Schiff verhungern.
Also nein, auch nicht die richtige Werbung für Gott, jedenfalls nicht für alle, nur für uns, die wir die biblischen Geschichten kennen. Und ich fände es ja schon eigentlich gut, wenn die Werbung auch andere anspricht… Also nochmal anders. Was gibt es noch für Werbung? Plakate, wie wäre es denn mit einem Plakat?

Riesengroß aufgehängt am Dom in Bremen. Aufgehängt zwischen den Türmen des Doms. Ausmaße wie die Türme selber. Zentral. Alle auf dem Marktplatz müssen zwangsläufig hinsehen. Sie können es gar nicht übersehen. Schwarzer Hintergrund und orangene Schrift. Signalfarben. Hervorstechend. Riesige Lettern. Da steht: Vertrauen. Ein Angebot, das sie nicht abschlagen können. Und dann in etwas kleiner unten rechts: Ihr Gott.

Das wäre es doch! Ja, ich weiß das mit dem Angebot, das sie nicht abschlagen können, kennen wir schon. Aber das zieht doch vielleicht? Da müssten auf jeden Fall alle hinsehen, man kann es schnell lesen und verstehen. Und keiner kann es mit Graffiti bemalen, weil es so hoch hängt, auch ein Vorteil.
Aber ja, ich merke, das ist immer noch nicht das Wahre. Und es stimmt ja. Natürlich können alle das Angebot abschlagen. Es ist ja freiwillig und sollte es auch bleiben. Und es tun ja genug! Es ist ganz leicht, das Angebot zu ignorieren, aus der Kirche auszutreten, das alles für nicht relevant zu erklären. Gott, die Kirche, einen Glauben zu haben, scheint für viele nicht mehr notwendig zu sein.
Gucken wir doch heute hier in unsere Reihen. Da waren auch schon mal mehr oder? Hier ist eindeutig noch Platz auf den Bänken. Am Osterfrühstück war auch eindeutig noch Platz und genug Essen auf dem Buffet für mehr Menschen. Aber sie waren eben nicht da. Sie haben das Angebot eben doch ausgeschlagen.
Also gut, das Plakat ist auch nicht die beste Werbung. Weiterdenken, Hannah. Es muss doch eine Möglichkeit geben, kreativ und begeisternd Werbung für Gott zu machen. Vielleicht braucht es etwas Moderneres als Kinowerbung und Plakate. Vielleicht brauchen wir einen Influencer! Influencer, das sind die, die im Internet ihr ganzes Leben zeigen mit kleinen Filmen. Und dabei zeigen sie ganz zufällig Produkte ihres Alltags in die Kamera, die alle gesponsert sind. Sie leben davon, ihr Leben als Werbung zu verkaufen, wirken dabei aber immer supernatürlich, wie, wenn meine beste Freundin mir einen Lippenstift empfiehlt. Der vertraue ich, das will ich auch haben! Also Influencer. Ein Influencerin für Gott.

Video im Internet. Die Influencerin Gottes heißt Mia. Sie sieht aus wie die nette junge Frau von nebenan. Blond gelockt, strahlendes Lächeln und blitzende braune Augen. Sie wünscht mir einen guten Morgen und zeigt mir ihr Frühstück, was sie sich gerade gemacht hat. Ohne Kaffee geht bei ihr am Morgen gar nichts, sagt sie, und nippt an ihrer Tasse. Dann zeigt sie mir ihr Müsli und nennt die wichtigen gesunden Inhaltsstoffe. Ganz beiläufig steht die Müsli Packung im Bild. Und dann zeigt sie auf ein Buch neben der Müslischale. Das lese ich morgens am liebsten, sagt sie. Das gibt mir Kraft und Energie für den Tag! Wie mein Müsli, das gibt meinem Körper Kraft und das Buch hier meiner Seele. Sie lächelt mich herzlich an. Was ich da lese, wollt ihr wissen? Sie greift nach dem Buch und hält es in die Kamera. „Die Bibel“ steht da in goldenen Lettern. Mia hält das Buch an ihr Herz und sagt strahlend: Die Bibel ist der beste Start in den Tag! Vertraut mir, ich kann sie euch nur ans Herz legen!

Das ist doch wirklich mal überzeugend! So eine Mia, die mir persönlich sagt, was ihr die Bibel bedeutet? Also ich würde, glaube ich, zumindest mal googeln, was diese Bibel so ist, wenn ich das sehen würde.
Aber ja, da ist er schon wieder, der Einwand. Es ist ja richtig, Sachen googeln und Influencer*innen zusehen, das tun natürlich auch nicht alle Menschen. Das ist wohl eher nur was für die jüngeren Leute. Und wer sollte Mia dafür bezahlen, dass sie die Bibel bewirbt? Und ist das überhaupt richtig, jemanden zu bezahlen, um für Gott zu werben?
Ist Werbung für Gott überhaupt eine gute Idee? Geht das? Gott ist ja nun eigentlich kein Produkt, das ich kaufen kann. Gott müsste doch eigentlich unbezahlbar sein…
Ich sehe es ein. Ich stecke fest. Irgendwie dachte ich, es wäre eine gute Idee für Gott zu werben. Ich war wohl zu inspiriert von Jesaja und seiner Werberede. Los, alle die ihr Durst habt, kommt alle zum Wasser und trinkt! Und alle, die keinen Cent haben, kommt her, kauft und esst! Ja kommt, ihr könnt auch ohne einen Cent in der Tasche Milch und sogar Wein kaufen. Das sind mal werbende Wort! Wer will denn nicht ohne Geld kaufen können und alles haben, was das Herz begehrt? Nur schade, dass heute kein Jesaja mehr durch die Straßen läuft und seine Werberede für Gott verkündet. Und auch kein Jesus läuft durch die Obernstraße und ruft: Los, alle die ihr mühselig und beladen seid, kommt zu mir!
Deswegen wollte ich das doch so gerne machen.

Ich würde so gerne werben für Gott, weil ich so überzeugt bin von dem, was mein Glauben an Gott mir gibt! Ich will werben!
Eben dafür: für Vertrauen seit der Sintflut. Für das Vertrauen, das das beste Angebot ist, das ich kenne. Für die Worte der Bibel, die mir das Vertrauen jeden Tag neu schenken, die mir beweisen, dass Gott schon früher Menschen das Vertrauen gegeben hat und es auch für die gesamte Zukunft versprochen hat.
Und das Beste kommt ja erst noch! Gott macht das Angebot umsonst! Ich kann groß und dick „Gratis!“ auf meine Werbung schreiben. Ich muss nichts bezahlen, es gibt keine versteckten Kosten!
Vertrauen: geschenkt!
Hoffnung: geschenkt!
Liebe: geschenkt!
Wenn das kein Angebot ist, das ich nicht abschlagen kann! Ich habe das Angebot angenommen. Ich bin restlos überzeugt! Und würde das so gerne so vielen Menschen auch gönnen.
Die feste Basis des Vertrauens, auf dem ich stehe, zu spüren.
Die glitzernde Hoffnung, die am Horizont ist, zu sehen.
Die wärmende, prickelnde Liebe im Bauch und im Herzen zu fühlen.
Gott. Vertrauen seit eh und je.
Gott. Vertrauen für immer und ewig.
Gott. Vertrauen, auch wenn es mal brenzlig wird.
Gott. Vertrauen, auch wenn alles vorbei ist.
Es ist wirklich und wahrhaftig ein unschlagbares Angebot dieser Glauben!
Jedenfalls für mich!
Und wenn sie das auch so sehen, dann lasst uns doch alle gemeinsam werben. Vielleicht brauchen wir gar keine Werbespots und Plakate, keine Influencer*innen im Internet.
Vielleicht braucht es uns! Wir, die wir das Angebot angenommen haben und überzeugt sind. Vielleicht sollten wir einfach mehr darüber reden und unsere ganz persönliche Werberede vortragen,
von dem geschenkten Grundvertrauen erzählen,
und dann sehen, was passiert. Vielleicht sind die Bänke hier dann irgendwann wieder voller, vielleicht auch nicht. Wir wollen ja niemanden zwingen! Aber werben können wir: begeistert berichten und weitersagen, so wie Jesaja und Jesus es getan haben:
Aufgepasst und aufgemerkt:
Gott schenkt euch das, was euch keine Werbung jemals geben kann.
Gott schenkt euch das, was euch durch das Leben tragen kann.
Gott. Vertrauen für gestern, heute und morgen!
Amen.

Gehalten am 30. Juni 2019

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