Lila Wolken


Der Beginn

Sie kommen. Erst ganz langsam. Als wäre nichts, ein leichter Wind nur und dazu sie. Ein paar Wölkchen am Horizont. Schön sehen sie aus. 

Leicht rosa. Fluffig. So, dass es einfach verlockend ist stehen zu bleiben und sie zu beobachten. Komisch nur, dass die Wettervorhersage nichts von diesen Wolken gesagt hat. Besonders sehen sie schon aus. So rosa. 

Aber da werden die Engel wohl einfach Kuchen backen heute Abend. 


So könnte es losgehen. So der Beginn sein. Der Beginn eines schönen Sommerabends mit einem perfekten Sonnenuntergang. Danach gehen alle ins Bett und träumen, wie sie auf der rosa Wolke sitzen. Weich und warm und geborgen. 


So könnte der Beginn sein.

Der Beginn vom Ende der Welt. 


„Seht doch, er erscheint mit den Wolken. Alle Augen werden ihn sehen –

sogar die Menschen, die ihn durchbohrt haben.“


Sie werden mehr

Er kommt. Und die Wölkchen werden mehr. Immer mehr. Wie eine Armee, die am Horizont auftaucht. Erst wenige und dann wird das ganze Ausmaß immer klarer. Sie tun sich zusammen. Keine süßen kleinen Wölkchen mehr. Eine Wolkenfront braut sich zusammen - und das rosa wird lila. Dunkler und dunkler. Es beginnt zu donnern. Und sie kommen immer näher. 


„Seht doch, er erscheint mit den Wolken.


Apokalypse 

Ein Satz aus dem letzten Buch der Bibel, wie sie uns überliefert wurde. Die Offenbarung des Johannes. Manche sagen auch: Die Johannes-Apokalypse. 

Meint dasselbe. Und Apokalypse ist so viel mehr in unseren Ohren. Das klingt nach Filmen über den Weltuntergang. Nach endzeitlichen Katastrophen, die die Welt zerstören. Nach einem Überlebenskampf mit unklarem Ausgang. Die Bedrohung kommt. Und oft kommt sie vom Himmel. Ängstliche Blicke nach oben, die Menschen halten sich aneinander fest und können nur gebannt nach oben starren. 

Sie kommen. Und nichts wird so sein wie es war. 


Apokalypse Jetzt

Nichts wird mehr so sein wie es war. Das Haus ist weg, alle Möbel, alle Bilder, alles. Alles, was zuhause war. Der Ort zum Wohlfühlen, zur Ruhe kommen. Der Ort für sich. Weg.

Weggespült. Verbrannt. 

Apokalypse ist nicht weit weg. Das Ende für so vieles sehen wir in den Flutgebieten hier bei uns und um uns herum. Wir sehen das Ende in den Brandgebieten in Südeuropa. Das Ende in Madagaskar, wo die Menschen verhungern. Sie essen Leder, weil es das einzig tierische ist, was ihnen bleibt. Dazu Lehm. 

Klingt wie aus einem Horrorfilm über das Ende der Welt. 

Und ist jetzt. In unserer Welt. 


Schritt zurück 1

Ein Schritt zurück. Moment mal. Das ist doch schon was anderes, diese Offenbarung des Johannes mit den absurdesten Gestalten und fantastischen Visionen. Von dem Buch mit sieben Siegeln und den apokalyptischen Reitern. Die Naturkatastrophen sind real, und sie sind nicht gleich das Ende der Welt. 

Stimmt. 

Für uns.

Für viel andere aber ist es jetzt gerade das Ende der Welt, wie sie es kannten. Und bringen diese Visionen des Johannes ein Schritt mehr zu uns. 

Zumindest mir geht es so. 

Sonst kann ich mit diesem fantastischen letzten Buch der Bibel nicht viel anfangen. Schon gar nicht mit den ganzen Visionen über ein Ende der Welt, in dem Jesus als Herrscher kommt und entscheidet. 


Schritt wieder ran 

Er kommt mit den Wolken. Mit den dunkellila Wolken. 

Er kommt und er wird trennen zwischen den Schafen und Böcken. Die einen zur rechten und die anderen zur linken. Lila wird für die einen schön und warm und voller Liebe sein - und für die anderen voller Leiden und ewigen Qualen. 


Lila 1

Die Farbe lila. Sie wirkt beruhigend. Wer zu einer Farbberatung geht, dem wird gesagt: Wenn sie Selbstvertrauen und Individualität ausdrücken wollen, dann ziehen sie lila an. Kreativität und Außergewöhnlichkeit strahlt die Farbe aus. Und sie kann aphrodisierend wirken. 

Den Frauen der Frauenbewegung hat sie Kraft und Gemeinschaft gebracht diese Farbe. Lila ist die Farbe der Würde, denn die Würdenträger der Kirche trugen sie. Weil die Purpur-Schnecke die teuerste war. Lila ist edel und teuer. 


Lila 2

Und Lila ist Verzicht und Qual. Passion und Advent sind lila. Dunkle Zeiten des Jahres und unserer Religion. Sie steht für Einsamkeit, Melancholie, Trauer. Wer lila trägt zeigt, dass er voller Buße ist. Lila ist Einkehr und Umkehr. 


Lila Wolken 

Da kommen sie nun die lila Wolken, als Wolkenfront und bringen das Ende, wie es in der Johannesoffebarung geschildert wird. Erst kommen die ganzen Engel, die Posaunen und das Buch der sieben Siegel wird geöffnet. Ein Drache kommt vor und dann, dann ist es soweit: 


Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde.

Denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen,

und das Meer ist nicht mehr da.

Und ich sah die heilige Stadt: das neue Jerusalem.

Sie kam von Gott aus dem Himmel herab –

für die Hochzeit bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat.


Ewiger Trost

Wenn sich die lila Wolken verziehen, dann kommt ein neuer Himmel und eine neue Erde. 

Und es kommt der schönste Teil der Johannes-Offenbarung. Tröstende Worte, die so oft bei Beerdigungen gesagt werden. Die ich so oft verwende, weil sie so viel über Gott und ewigen Troste sagen:


Und ich hörte eine laute Stimme vom Thron her rufen:

»Sieh her: Gottes Wohnung ist bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein. Gott selbst wird als ihr Gott bei ihnen sein.

Er wird jede Träne abwischen von ihren Augen. Es wird keinen Tod und keine Trauer mehr geben, kein Klagegeschrei und keinen Schmerz.

Denn was früher war, ist vergangen.«

Der auf dem Thron saß, sagte: »Ich mache alles neu.«

Und er fügte hinzu: »Schreib alles auf, denn diese Worte sind zuverlässig und wahr.«


Apokalypse Jetzt -Trost jetzt

Wahre und zuverlässige Worte. Die möchte ich den Menschen, die gerade alles verlieren zurufen. Hoffnung in das Ende brüllen: Alles wird neu! Gott wird eure Tränen abwischen. Es wird keine Trauer mehr geben. 

Jedem kranken Menschen will ich sagen: Einmal wird kein Schmerz mehr sein. 

Denn was früher war ist vergangen. 

So viel Trost und so viel Hoffnung in diesem verrückten Buch der Bibel. 

Lila Wolken voller Zuversicht. Lila Wolken voller Selbstvertrauen.

Lila Wollken der Liebe Gottes. 


»Es ist geschehen! Ich bin das Alpha und das Omega,

der Anfang und das Ende.

Ich werde dem Durstigen Wasser geben, das aus der Quelle des Lebens fließt. Ich gebe es ihm umsonst.


Das Kleingedruckte

Und jetzt könnte ich aufhören mit meiner Predigt. Es wird alles gut! Nach dem Motto: Wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende. Denn am Ende wird alles gut. Lila wird eine gute Farbe sein, die Menschen werden glücklich werden. 

Doch das Problem mit der Bibel ist, dass man immer zu Ende lesen sollte. So tröstend die Worte der getrockneten Tränen sind. Da kommt noch was Kleingedrucktes. 

Denn: 

Wer siegreich ist und standhaft im Glauben, wird das alles als Erbe erhalten.

Ich werde sein Gott sein, und er wird mein Kind sein.

Das ist die Bedingung für die schönen lila Wolken.


Ende mit Schrecken 

Und wenn ich die nicht erfülle? Wenn die lila Wolken kommen und keine würdige Erbin bin?


Anders geht es den Feiglingen und Treulosen, denen, die Abscheu erregen und morden, Hurerei treiben, zaubern und Götzen dienen – all denen, die der Lüge verfallen sind.

Auf sie wartet der See aus Feuer und brennendem Schwefel.

Das ist der zweite Tod.«


Lila Wolken der Qualen und Verzweiflung. Ein Ende mit ewigem Schrecken. 


Schritt zurück 2

Halt. Stopp. Darüber sind wir aber doch hinweg. Das mit Himmel und Hölle und die guten ins Töpfchen die schlechten ins Kröpfchen? Wir hatten doch Luther und die Erkenntnis, dass Gott uns liebt, egal was wir tun. 

Und überhaupt diese Vorstellungen aus der Offenbarung des Johannes kommen aus der Zeit, in der die Christen verfolgt wurden. Qualen litten und überzeugt werden mussten weiterhin am Glauben festzuhalten, damit die Kirche weiter wachsen kann. Und nicht aufzugeben und lieber wieder dem römischen Kaiser zu huldigen. 


Erleichterung 

Puh. Glück gehabt. Vielleicht ist es doch nicht so schlimm mit der Apokalypse und dem zweiten Tod für die, die nicht standhaft waren. Denn ganz ehrlich: Wer ist schon immer standhaft? Vor allem im Glauben? Zweifeln gehört doch dazu, bevor ich blind durch die Gegend laufe. 

Am Ende werden die lila Wolken auf mich warten, voller Liebe. Egal was ich tue. 


Es hat begonnen 

Ja. Das glaube ich. Ich glaube fest an die getrockneten Tränen, die einmal auf jeden und jede von uns warten. Egal was wir im Leben getan haben. 


Und ich kann den Zweiten Teil des Textes aus der Offenbarung nicht wegstreichen. Er steht da und will etwas sagen. Natürlich damals zu Standhaftigkeit unter Bedrohung von Folter im römischen Reich. 

Doch auch jetzt gerade wenn ich die Bilder der Fluten und Feuer sehe. 


Es hat bereits begonnen. Es ist nicht erst die Apokalypse. 


Alle Visionen und alle Sätze der Johannes Offenbarung leuchten und sagen: Gott ist der Ewige und Eine. Jesus ist gestorben und auferstanden. Weil es um das Jetzt geht.

Nicht ums das, was einmal kommt.


Jetzt haben wir die Aufgabe so zu leben, dass die in Not sind genug bekommen um weiterzumachen. 

Jetzt haben wir die Aufgabe so zu leben, dass niemand Lehm essen muss. 

Jetzt haben wir die Aufgabe so zu leben, dass die Erde weiterleben kann. 


Jetzt kann ein Stück von Gottes Himmel und Herrschaft auf der Welt sein. 

Jetzt können Tränen getrocknet werden 

Jetzt können die Wolken voller lila Liebe sein. 


Wir haben es in der Hand, weil Gott unsere Hand hält.


Lila Wolken für dich 

Händchen haltend stehen wir da. Jetzt.

Und blicken zum Himmel. 

Sie bleiben da am Horizont. Die lila Wolken.

Manchmal werden sie dunkler, wie eine kleine Warnung.

Und mal leuchten sie rosa als Zeichen für die ewige Liebe.

Die immer um uns ist. 

Am Anfang und am Ende. 


Gottes Wohnung ist bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein. Gott selbst wird als ihr Gott bei ihnen sein.


Amen. 


gehalten am 15. August 2021
Grundlage Offenbarung 21 

Kommentare

Beliebte Posts