Vorsicht scharf!

 Vorsicht, scharf! Steht extra auf der Speisekarte. Eine große leuchtende Chilli ist da abgedruckt. Eigentlich mag ich gar nicht so gerne scharf. Meistens finde ich etwas schon scharf, da nehmen meine Freunde noch den Pfefferstreuer und würzen ordentlich nach. Aber heute hab ich da mal Lust zu. Und bestelle es, das da mit der Chilli Schote daneben. 

Ab und zu muss man ja auch mal was riskieren, oder?


Es sieht wirklich so gut aus, was mir gebracht wird.

Ich atme tief ein, es kitzelt schon ein wenig in der Nase. Das könnte wahrlich scharf sein. 

Bestellt ist bestellt. Also los:


Ich probiere. 

Und meine Zunge beginnt zu brennen. 

Ich schlucke. 

Mein Hals knistert. 


Wärme breitet sich in mir aus. 

Nein, es ist eher Hitze. 

Meine Augen fangen an zu tränen. 


Ich atme tief ein und spüre das Brennen, die Hitze. 

Bis in meine Brust, bis in meinen Bauch dringt sie vor. 

Überall wird es warm und kribbelig. 

Bis ganz dahin wo es ungemütlich wird, wenn ich Angst habe.

Bis dahin wo die Schmetterlinge flattern, wenn ich verliebt bin. 


Ja, es ist scharf. 

Und ich will es aushalten. 

Weil es sich gleichzeitig so gut anfühlt. 

Weil es mich lebendig macht und Kraft gibt. 


Das Wort Gottes ist

Lebendiger

und kräftiger

und schärfer,

als jedes zweischneidige Schwert

und dringt durch und durch.

Es durchdringt Seele und Geist,

Mark und Bein.


Ich gebe es zu. Das Wort Gottes habe ich noch auf keine Speisekarte gesehen. In keinem Restaurant ist es mir untergekommen, und wenn es so wäre, wäre ich auch sehr überrascht.

Nein, das Wort Gottes kann ich nicht essen und doch ist es lebendig und kräftig und eben schärfer. 


Schärfer manchmal, als ich es vielleicht gerne hätte. 


Denn das ist ja überhaupt so eine Sache mit den Worten.

Sie können unglaublich süß sein wie Honig oder Schokolade. Sie können bitter sein wie die Zitronenschale, oder sauer wie eine ganz frische Limette. Worte können scharf sein wie brennende Chilli. 

Jede Geschmacksrichtung haben sie. 


Unsere Worte und eben auch die von Gott. 


Schön wäre es, wenn wir uns immer nur die süßesten Worte zusprechen würden. Und wenn Gott uns einfach immer nur Honig um den Bart schmieren würde. 


Und sind wir mal realistisch: Das wird nix. 

Das sehe ich jeden Tag zum Beispiel bei mir und meinen Kindern. 

Es geht ja schon Morgens los. Wie gerne würde ich da nur sanft und lieb sein und auch beim hundertsten Mal ganz entspannt sagen: Stehst du bitte auf? Kannst du dich bitte anziehen? Ich weiß es ist früh und du bist noch müde. Und wir müssen jetzt langsam los. 


Die ersten Male schaffe ich das wohl noch. Doch irgendwann werden meine Worte schärfer und meine Stimme kräftiger.

Da fehlt dann irgendwann das Bitte und es bleibt ein: Zieh dich jetzt an! Wir müssen los! übrig.

Keine süßen Worte mehr.

So lieb ich meine Kinder habe, ab und zu braucht es auch schärfere Worte. 

Wenn die Kinder abgehen wie eine Rakete und es einfach zu viel wird. 


Und natürlich folgen auf die kräftigen und schärferen Worte dann auch wieder die liebevollen. 

Und jeder und jede von uns wird unterschiedlich entscheiden, wann welche Worte angebracht sind. Wann wir schärfer werden und wann süßer. 


Die Speisekarte unserer Wörter ist so groß und vielfältig und wir müssen entscheiden, was wir wann bestellen und nutzen. 

Gar nicht so einfach. Nicht bei der Erziehung von Kindern, nicht bei der Arbeit, nicht bei Freundinnen und Freunden, nicht bei unseren Liebsten. 

Manchmal bleiben wir zu süß, manchmal wird es doch zu scharf - und es bleibt ein bitterer Nachgeschmack. 


Und zu diesem ganzen richtige-Wörter-suchen kommt dann auch noch das Wort Gottes, das lebendiger und kräftiger und schärfer ist. 

Hallelujah. 


Im wahrsten Sinne des Wortes: Hallelujah. 

Lobt Gott. 

Lobt Gott für dieses lebendige und kräftige und schärfere Wort. 

Das abgeht wie eine Rakete, im Hals brennt und alles warm macht im Bauch. 

Klar hat Gott viele Wörter und in den Geschichten in der Bibel und in unseren eigenen Glaubensgeschichten tauchen sie in den unterschiedlichsten Geschmacksrichtungen auf. 

Süß wie Honig klingen sie, wenn Gott Abraham die Sterne zeigt. Bitter wie Zitronenschale sind sie, wenn Jona nicht das macht, worum Gott ihn gebeten hatte. Und scharf wie Chilli dröhnen sie, wenn die Menschen die Erde verwüsten, anstatt sie gut zu behandeln. 


Wenn wir uns und unsere Welt mal ansehen hat Gott auch wirklich viele Gründe kräftig und scharf mit uns zu reden. Honig haben wir an vielen Stellen wirklich nicht verdient. 


Und trotzdem. 

Steht bei allen Geschichten in der Bibel ein Wort ganz oben. Und steht es auch bei den Worten Gottes heute an uns. Auch mit Blick auf all das, was bei uns Menschen ganz schön schief läuft. 


Es ist die Überschrift der Speisekarte, der Name des Restaurants. Es ist das Wort, dass auch wenn wir mit unseren Kindern schimpfen immer mitschwingt. Was auch, wenn wir uns streiten so oft die Ursache ist. Und hoffentlich am Ende wieder die Oberhand gewinnt. 


Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer, es durchdringt Mark und Bein und Seele und Geist. 

Es trifft mitten ins Herz und durchdringt uns ganz. 


Weil es immer „Liebe“ ist. 

Weil Gott uns liebt sind die Worte auch mal scharf und kräftig. 

Das gehört zur Liebe unbedingt dazu. 


Liebe steht ganz oben auf der Speisekarte und ist die Geheimzutat bei jedem Wort. Bei Gott auf jeden Fall und so sollte es auch bei unseren sein.

Daran will Gott uns mit jedem Wort erinnern. 


Bei allen Wörtern, die wir zueinander sagen. 


Und dann kitzelt es im Hals und brennt im Herzen. 

Weil Gott heute zu dir und dir und mir und uns sagt: 


Du bist mein liebes Kind. Dich habe ich lieb. Und mir gefällt, was du tust. 


Amen. 



Gehalten am 20.2.22


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